Samstag, der 11. Juli 1914
* Einigung in Wien *
König Peter von Serbien hat Geburtstag. Wilhelm II., der sich inzwischen im norwegischen Bergen befindet, hat in seinem Außenministerium anfragen lassen, ob er ein Glückwunsch-Telegramm schicken soll. Jagow rät zu: „Da Wien noch keinerlei Schritte in Belgrad unternommen hat, würde solche Unterlassung … zu sehr auffallen und eventuell zu frühzeitige Beunruhigung hervorrufen.“
Aus Wien jedoch meldet Botschafter Tschirschky, zwischen Berchtold und Tisza sei es zu einer Annäherung gekommen. Österreich wolle ein auf 48 Stunden befristetes Ultimatum stellen, in dem gefordert wird, dass sich die serbische Regierung öffentlich und amtlich von den Großserben löst. Zudem sollen österreichische Beamte in Serbien Untersuchungen durchführen dürfen. Eine Annahme sei sehr ungewiss, aber man müsse sich bemühen, dass sie ausgeschlossen sei. Das Ultimatum soll jedoch erst am 25.Juli übergeben werden, nach dem Ernte-Urlaub der Armee und einem Staatsbesuch des französischen Präsidenten in St. Petersburg.
Der Presse teilt die k.u.k.-Regierung mit, alle Meldungen über einen bereits beschlossenen Schritt gegen Serbien seien nicht authentisch. Es tauchen jedoch neue Gerüchte auf, dass es einen Schritt der Entente-Mächte geben soll. Angeblich wollen Frankreich, Großbritannien und Russland Serbien auffordern, Maßnahmen gegen die großserbischen Umtriebe und so zur Beruhigung Österreichs zu unternehmen.
In der serbischen Presse dagegen wird das Gerücht verbreitet, der russische Botschafter Hartwig sei bei seinem Besuch in der österreichischen Botschaft vergiftet worden. Die deutschen Zeitungen sind sich uneins, ob der Tod Hartwigs günstig oder ungünstig zu bewerten ist. Denn einerseits war er ein entschiedener Panslawist und Verfechter des russisch-serbischen Bündnisses, andererseits bringt sein Tod zusätzliche Unwägbarkeiten mit sich.